Alles begann mit der Anfrage eines Freundes, der einen Auftrag für Hochsitze vermittelte. Das Ehepaar Daniel und Tanja Hechtl aus Schönhaid, 36 und 34 Jahre alt, geht selbst auf die Jagd. Das Bauen von Hochsitzen für den Eigenbedarf gehörte bisher zum Hobby dazu. Doch dann wurde es professionell bei dem jagdfreudigen Paar.

„Ich wurde gefragt, ob ich 100 Hochsitze für einen Thüringer Forst fertigen könnte“, erzählt Daniel Hechtl. Der Zimmerer, der bis dahin nie vorhatte, einen Betrieb für Hochsitze zu gründen, überlegte nicht lang und sagte zu. Für den Großauftrag musste er zuerst ein Gewerbe anmelden, erinnert er sich lachend. Alles sollte schnell über die Bühne gehen. Doch das Schicksal wollte es, dass aus den ersten 100 Hochsitzen eine neue Lebensaufgabe für das Ehepaar wurde.

Klappvariante und Nobelkanzel

Seither bauen Hechtl und seine Frau Tanja, die ihren Mann auch im Vertrieb, Büro und in der Werkstatt tatkräftig unterstützt, Hochsitze: von der einfachen Klappvariante und leicht transportablen Ausführung bis hin zur Nobeljagdkanzel mit Heizung, Teppich, Isolierung und Schlafgelegenheit. Anders als üblich verwendet der Schönhaider das edle, leicht gelbliche Lärchenholz. „Das ist haltbarer“, erklärt er zur Materialauswahl. Zwar sei auch Fichte möglich, aber die müsse wegen rascher Verwitterungsschäden vorher extra kesseldruckimprägniert werden. Weil Tanja und Daniel beide vom Fach sind, haben sie ihre Hochsitze natürlich selbst getestet. Das schätzen die Jagdkollegen, denn Erfahrungswerte sind nie verkehrt. Daniel Hechtl zeichnet für das Design verantwortlich, wobei klassische Modelle nie aus der Mode kommen und auch beim Oberpfälzer Kanzelbauer Pate stehen. Der Renner sei nach wie vor der Drückjagdbock, erklärt Hechtl. Dieses Modell werde auch vom Staatsforst favorisiert.

Umzug nach Wiesau

Der Zimmerer baut aber auch leicht transportable Scherenleitern, Baumleitern sowie offene und geschlossene Jagdkanzeln. Zur Nobelklasse gehört die Schlafkanzel. Ausgestattet mit Schallschutz, Wärmeisolierung und Plexiglas kann der Benutzer theoretisch Tage und Nächte im Jagdfieber verbringen. Gegen Frostbeulen gebe es spezielle Kanzelheizungen, ergänzt Hechtl.

Nach wie vor seien die meisten Hochsitze in den Wäldern selbst gezimmert. „Aber meistens haben die Jäger heute zeitintensive Berufe und kaum mehr Zeit zum Selbstbau. Sie sind froh, wenn wir das übernehmen.“ Bei einer Preisklasse von 180 bis 1000 Euro für die fertigen Modelle sei zudem oftmals das Holzmaterial derart teuer, dass sich die Bastelei Marke Eigenbau kaum mehr rentiere.

Zu den Kunden des jungen Startup-Unternehmens, das 2017 seinen Sitz von Schönhaid nach Wiesau verlegt hat, gehören hauptsächlich private Jäger. Aber auch der Staatsforst habe schon angeklopft, berichtet Hechtl nicht ganz ohne Stolz. Ansonsten lasse einzig die Resonanz in der Heimat bisher noch zu wünschen übrig, meint der Zimmerer und zitiert den berühmten „Prophet im eigenen Land“. Aber was nicht ist, kann noch werden. Bis dahin erobern die Hochsitze des kleinen mittelständischen Familienunternehmens halb Deutschland und sogar Europa.

Auch im Ausland gefragt

„Hochsitze aus der Oberpfalz“ gibt es bereits, wie Daniel und Tanja Hechtl gern erzählen, in den Wäldern der Bundesländer Thüringen, Sachsen, Hessen, Baden-Württemberg, Brandenburg und Bayern. Europaweit versorgt Hechtl auch Kollegen in Österreich, Luxemburg, der Schweiz und Tschechien. Oftmals werden die fertigen Hochsitze zerlegt abgeholt, manchmal liefert der Hersteller aber auch. Und der Jungunternehmer bietet einen Reparaturservice an. „Aber da geht kaum was kaputt. Die sind stabil“, sagt er über seine Konstruktionen und geht von einer Haltbarkeit von mindestens 15 Jahren aus.

Gebaut wird nach den gültigen Sicherheitsvorschriften, was zum Beispiel eine Leiter mit doppelten Sprossen oder Haltgriffen erforderlich macht. Selbst wenn die Jäger in der Heimat den Spezialzimmereibetrieb erst noch entdecken müssen: Das nachhaltige Konzept des Ehepaars scheint aufzugehen. Daniel und Tanja Hechtl sind gut ausgelastet und können spätestens am Feierabend auf der Jagd von sich sagen, dass sie einen Teil ihres liebsten Hobbys zum Beruf gemacht haben.

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